Archiv der Webseite des Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften 2004 bis Mai 2015

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FH D

Fachhochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences

FB 6

Fachbereich Sozial-
und Kulturwissenschaften

Journascience.org (JSO) – das sozialwissenschaftliche Informationsportal für Journalisten zum Thema Kriminalität www.journascience.org >>

Journascience-Logo

3. Entwicklung

Prof. Dr. Gisela Losseff-Tillmanns

Ausgangspunkt dieses Forschungsprojektes waren meine Untersuchungen zum Thema Jugendkriminalität und Medien. Im Rahmen meines Forschungsfreisemesters 1999 habe ich mich erstmals intensiv mit der medialen Darstellung von Jugendkriminalität im europäischen Vergleich beschäftigt. Als Antwort auf die Frage wie man diese Berichterstattung qualitativ verändern könnte, habe ich verschiedene Ideen entwickelt:

  • Darstellung des Themas im Rahmen einer Radioserie in WDR 5,
  • eine TV-Beitragsreihe in Zusammenarbeit mit der Fern-Universität Hagen (die über einen festen Sendeplatz im WDR verfügt),
  • Entwicklung von Unterrichtsmaterialien für die journalistische Weiterbildung.

Diese verschiedenen Lösungsmöglichkeiten wurden von mir in zahlreichen Gesprächen mit den möglichen Kooperationspartnern beraten. Es wurde aber immer deutlicher, dass es sich dabei jeweils nur um Teillösungen handeln könnte, bzw. die gewünschte umfassende Transformation wissenschaftlicher Erkenntnisse in Richtung Journalismus nicht gewährleistet erschien. Schließlich entstand die Überlegung, ob es nicht sinnvoll sei, diese verschiedenen Aspekte grundsätzlich mit Experten aus den verschiedenen beteiligten Disziplinen und Praxisfeldern gemeinsam zu erörtern.

Diese sowie die kritische Auseinandersetzung über die Entwicklung der Qualität in der Medienberichterstattung unter dem Einfluss ökonomischer, politischer und technologischer Veränderungen am Beispiel der Berichterstattung über Jugendkriminalität hat mich dann im Frühjahr 2000 veranlasst, einen Workshop [PDF 24 KB] mit verschiedenen wissenschaftlichen Experten auf internationaler Ebene sowie Experten aus Journalismus, Technik und Medienrecht durchzuführen. Einen aufschlussreichen Einstieg in die Erkenntnis über die Rahmenbedingungen der Berichterstattung von Journalisten lieferte der Vortrag des ehemaligen ARD-Korrespondenten Friedhelm Brebeck [PDF 95 KB]. Ein wichtiges Ergebnis aus den Arbeitsgruppen dieses Workshops war die Frage, ob das weltweit festzustellende Erstarken der populistischen Strömungen und deren Auswirkungen auf die soziale Ausgrenzung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Industriegesellschaft zur Mediengesellschaft näher betrachtet werden muss. Die sich daran anknüpfenden Fragen nach der zunehmenden Wirksamkeit der Medien („Faszination der Bilder“), neuen populistischen Erscheinungsformen weltweit (Haider, Le Pen, Fortuyn, Berlusconi), der abnehmenden Qualität von Medienberichterstattung und deren Bedeutung für die soziale Ausgrenzung von jugendlichen Delinquenten, Migranten und Arbeitslosen (beispielhaft zunächst in den Vordergrund gestellt) sollen – so das gemeinsam formulierte Anliegen- im Rahmen eines weiteren interdisziplinären und internationalen Theorie-Praxis-Projektes analysiert und möglichst beantwortet werden.

Ein weiteres wichtiges Ergebnis war die Forderung: „Reinventing the public communication umbrella“ in Bezug auf eine Verbesserung der Medienberichterstattung unter Einbeziehung der neuen Medien (von der dualen Rundfunkordnung zur dualen Informationsordnung) (vgl. ARD-Gutachten), wurde die Idee eines Online-Social-Science-Service for journalists (JSO- zur Transformation sozialwissenschaftlicher Forschungsergebnisse zu bestimmten Themenbereichen für Journalisten) entwickelt.

Die Frage, ob diese Idee eine tragfähige Antwort auf die populistisch orientierte Berichterstattung wäre (am Beispiel der Transformation kriminologischer Forschungsergebnisse), stand im Mittelpunkt eines zweiten Workshops, der vom 5. bis 6. Oktober 2001 stattgefunden hat. Weitere Diskussionspunkte waren Form, Ziel und Inhalt eines solchen Online- Service- Angebotes für Journalisten und welchen Stellenwert dies als Beitrag zum Wissensmanagement von Journalisten haben könnte. Zu diesem Workshop waren internationale Experten aus der Kriminologie, Soziologie, Politikwissenschaft, Medienwissenschaft, Medienrecht, Medientechnik und Journalismus eingeladen (vgl. Einladung und Beiträge von David Indermaur [PDF 117 KB] und Eric Macé [PDF 30 KB]).

Vor diesem Hintergrund wurden anschließend im Wintersemester 2001/ 2002 im Rahmen eines Kooperationsseminars (mit Prof. Dr. Franke vom Fachbereich Medien und geschäftsführender Leiter des Instituts für Medien, Kommunikation und Informationstechnologie der FHD) und unter Beteiligung einiger am Gesamtprojekt beteiligten Journalisten (insbesondere Thomas Kamp) und Wissenschaftler (Prof. Dr. M. Walter, Universität zu Köln, Dr. David Indermaur aus Australien, Prof. Dr. H. Schweitzer von der Universität Bonn) die Rahmenbedingungen für die Entwicklung eines Prototypen für den JSO festgelegt.

Die Fachhochschule Düsseldorf finanzierte die Arbeit der Webdesigner (S. Spielmann/ F. Iwohn) und eines Online-Journalisten (Dr. J. Montenbruck) um einen ersten Internetauftritt als Modellversuch zu ermöglichen. Dieser Prototyp wurde am 22. Februar 2002 an der Universität zu Köln im Rahmen eines Symposiums (veranstaltet von Prof. Dr. Walter zusammen mit Prof. Dr. H. J. Albrecht vom Max-Planck-Institut in Freiburg i.Brg.) erstmalig öffentlich vorgestellt.
m Sommersemester 2002 wurde dann in einem zweiten Schritt die Struktur der endgültigen Datenbank festgelegt. Gleichzeitig wurden die Inhalte weiter angereichert. Dies geschah im Rahmen eines Kooperationsseminar von Prof. Dr. M. Marmann (Datenbankspezialist vom Fachbereich Medien der Fachhochschule Düsseldorf) und mir. Das Ergebnis wurde auf dem Medienforum in Köln im Juni 2002 präsentiert. In einem dritten Schritt soll der Prototyp weiterentwickelt werden zu einem professionellen Online-Angebot zum Thema Kriminalität, das im Herbst 2003 einer allgemeinen journalistischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden wird.

Am 15. Juli 2002 wurde von mir ein Workshop zum Thema: „Vorurteile - Barrieren auf dem Weg in die Informationsgesellschaft“ [PDF 61 KB] durchgeführt, um einen ersten Gedankenaustausch zwischen Kriminologen, Vertretern sozialer Einrichtungen und Journalisten zur Frage einer gemeinsamen Verantwortung für die öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen (vgl. Protokoll). Hierbei wurde sehr deutlich, dass nicht nur Wissenschaftler, sondern auch die Vertreter der so genannten sozialen Praxis (Wohlfahrtsverband, Justiz, Ausländerbehörde) sich unter einen zunehmenden Rechtfertigungsdruck durch einseitige, verfälschende Medienberichte gestellt sehen. Von den beteiligten Praxisvertretern wurde am Schluss hervorgehoben, dass eine qualitative Verbesserung der Medienberichterstattung, im Sinne einer Versachlichung der Debatten, mit Hilfe des JSO einen wichtigen Beitrag zur Qualität der demokratischen Informationsfreiheit leisten könnte.

Entscheidend für die Weiterentwicklung des JSO war schließlich ein von mir organisierter Workshop für Journalisten im Oktober 2002 [PDF 31 KB], vorbereitet und durchgeführt in enger Kooperation mit dem ZFP (Zentrum für die Weiterbildung von Programmmitarbeitern im ZDF und in der ARD), der Journalistenakademie der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Netzwerk Recherche e.V.. Zu den von mir eingeladenen Referenten gehörten u.a. der Direktor des Hans-Bredow-Institutes, Hamburg, Herr Wolfgang Schulz, der Geschäftsführer der NRW Medien GmbH, Herr Helmut Bauer und Frau Helga Kirchner, Chefredakteurin im WDR. Deren Beiträge sollten wichtige Antworten auf die Frage nach der Notwendigkeit des JSO geben. Herr Bauer gab folgende Empfehlungen zum JSO:

Massive Konzentration auf einen Bereich und eine Zielgruppe, good social science, langsames Erweitern – Austesten des Marktes, Betonung des Marketings.
Herr Schulz hat vorgeschlagen, den JSO allgemein zugänglich im Internet zum begrenzten Themenfeld Kriminalität als Expertenmodell anzubieten (vgl. Anlage: ppt-Vortrag von W. Schulz [PDF, 21 KB]). In ihrem Vortrag bestärkte Helga Kirchner [PDF 24 KB] die Notwendigkeit zum Handeln mit ihrer folgenden These 6:
Ohne gewisse Anstrengung - der Konzentration, des Begriffs - lassen sich weder komplizierte Sachverhalte verstehen noch vermitteln, schon gar nicht Fehlentwicklungen sichtbar machen.
Wo das aber unterbleibt, kann am Ende die Demokratie schaden nehmen. Eine weitere Bestätigung dieser Aufforderung zur Stärkung des investigativen Journalismus lieferte die Redakteurin von Radio France International, Bärbel Moser.
Weitere renommierte Experten wie Prof. Fritz Sack (Universität Hamburg) und Prof. Horst Viehmann (Universität zu Köln) haben ebenfalls wichtige Argumente dafür geliefert (leider sind diese Vorträge nicht rechtzeitig schriftlich abgeliefert worden für eine geplante Veröffentlichung, die das Institut für Rundfunkökonomie der Universität zu Köln durchführen wollte).

Das zusammenfassende Ergebnis dieses Workshops war, auf jeden Fall den JSO intensiv weiterzuentwickeln, mit dem Ziel, im Herbst 2003 eine allgemein zugängliche Website im Internet zu veröffentlichen. Es habe keinen Zweck - so Herr Schulz vom Hans-Bredow-Institut, Hamburg - weiter in Einzelgesprächen und Veranstaltungen Journalisten zu befragen, sondern man müsse diesen allgemeinen Test wagen, um etwas Realistisches über die Marktfähigkeit des Angebotes erfahren zu können. Mit einer Evaluation würden dann weitere Erkenntnisse ermöglicht.

Die Fachhochschule Düsseldorf, die als Hochschule mit einem besonderen Medienprofil dieses Projekt fördert, hat den JSO bisher vielfach finanziell unterstützt durch die Übernahme der Workshop-Kosten, die Erstellung des Prototypen im Fachbereich Medien und im Jahre 2003 durch die Finanzierung von zwei Mitarbeiterstellen. Ein Kriminologe erstellt die relevanten Inhalte, ein Online-Journalist zusammen mit einem Multimediaredakteur entwickelt daraus in Absprache mit mir die Umsetzung für die Internetpräsentation. Als zusätzlicher Berater für die journalistische Nutzungsqualität der Inhalte steht ein Wissenschaftsjournalist zur Verfügung.

Der kriminologische Mitarbeiter hat das Projekt im August 2003 (wegen eines anderweitigen attraktiven Stellenangebotes) verlassen. Das bedeutete für mich, kurzfristig selbst einzuspringen und für die Lieferung von Inhalten für den JSO zu sorgen. Das hat dazu geführt, dass wir heute nicht wie ursprünglich geplant überwiegend eigene Texte (von wissenschaftlichen AutorInnen speziell dem JSO zur Veröffentlichung geliefert) anbieten können, sondern nur zu einem Drittel. Deshalb ist es auch ein wichtiges Ziel für die Fortsetzung des Angebotes, mit „größeren“ Partnern zu kooperieren (wie der Bundeszentrale für Politische Bildung Bonn/Berlin und dem Max-Planck-Institut in Freiburg) um Aktualität und Quantität eines qualitativ hochwertigen inhaltlichen Angebotes zu gewährleisten.

Wegen der Internationalität der Problematik ist immer schon daran gedacht worden, diesen JSO nicht nur in einer deutschen, sondern auch in einer französischen Version anzubieten. Zunächst soll inhaltlich die französische Version ähnlich umfangreich ausgebaut werden wie die deutsche Version. Das kann realisiert werden durch entsprechende Vorarbeiten von mir und meinem Netzwerk zum Thema Kriminalität mit Wissenschaftlern, Journalisten und Praktikern in Frankreich.

Eine besondere Kooperation hatte sich angeboten mit der GROUPECLARIS in Paris, die zum Thema Jugendkriminalität in Frankreich eine eigene Website entwickelt hat und anbietet. Leider hat der Wechsel des französischen Webmasters zu ernsthaften technischen Problemen und damit zu einer zeitlichen Verzögerung des Angebotes geführt, so dass die für den 17. November 2003 geplante Pressekonferenz in Paris ersatzlos gestrichen werden musste.

Für die deutsche Präsentation wurde dann das Ende November 2003 eingeplant. Dazu wurde ein neues Corporate Design und Logo entwickelt: journascience.org (JSO) Die Pressekonferenz wurde am 24. November 2003 in der Villa Horion in Düsseldorf durchgeführt.

Der Erfolg unserer Internet-Veröffentlichung lässt sich an den hohen Zugriffszahlen ablesen: am Tag der Pressekonferenz waren es 2.850 und für den Monat November 2003 insgesamt über 20.000 Zugriffe.